«Das Unrecht der Vergangenheit wirkt bis in die Gegenwart»

Der Staat als Bösewicht in einer Gefängniszeitschrift (Quelle: Witzwiler Illustrierte 1/3, 1929, online hier)

Ohne Gerichtsurteil weggesperrt – weil sie nicht lebten, wie die Schweizer Gesellschaft es wollte: Was das dunkle Kapitel der administrativen Versorgung für die Geschichte der Schweiz bedeutet, warum rechtsstaatliche Defizite gut zu unserem Land passen – und wo sie heute noch nachwirken. Ein Gespräch mit dem Historiker Urs Germann.

50-60‘000. So viele Menschen waren im 20. Jahrhundert von einer administrativen Versorgung betroffen: Von einer Einweisung in ein Heim, eine Klinik oder eine Anstalt durch eine staatliche Behörde – in den meisten Fällen ohne Gerichtsurteil. Diese Zahl ist eine Schätzung, basierend auf langjähriger Forschung. Und dass es sie gibt, ist nicht selbstverständlich: Erst 2014 wurde vom Parlament eine Unabhängige Expertenkommission (UEK) geschaffen, die das geschehene «Unrecht» (so die Wortwahl des Parlaments) untersuchen sollte. Fünf Jahre und zehn umfangreiche Bände später ist es ruhig und heiss in den Büros der UEK in Bern. Die Arbeit ist beendet, die Publikation des Schlussberichts steht kurz bevor. Auf einem Flipchart stehen zwei Zahlen: «28.3. 16:56». Daneben jubeln drei hastig gezeichnete Strichmännchen. Es ist der Zeitpunkt, an dem das letzte Wort des Berichts geschrieben war, erklärt der Historiker Urs Germann, der ihn mitverfasst hat.

etü: Herr Germann, Sie sind einer der langjährigsten Spezialisten für die Themen, zu denen die UEK geforscht hat. Hat Sie an den Ergebnissen der UEK dennoch etwas überrascht?

Urs Germann: Es gibt sicher viele Punkte, die das bestätigen, was die bisherige Forschung schon herausgefunden hat. Für mich ein überraschender Punkt war, wie weit die Kritik an Massnahmen wie der administrativen Versorgung, die man heute als problematisch ansieht, bereits damals gestreut war. Es gab auch zahlreiche Beschwerden seitens der betroffenen Personen. Es muss also ein relativ breites Problembewusstsein gegeben haben.

Das Argument, die Kritik von heute sei anachronistisch, weil solche Massnahmen damals normal waren – das zählt aufgrund Ihrer Befunde also nicht?

Nein. Es hat immer Kritik gegeben, die in dieselbe Richtung zielte, in die sie auch heute geht. Kritische Punkte wie mangelnde Rechtsstaatlichkeit und fehlender Rechtsschutz waren immer wieder ein Thema. So stellt sich eigentlich nicht die Frage, ob man diese Probleme wahrnahm, sondern wieso man nicht anders gehandelt hat.

«Oft wurden Leute von Verwandten oder Nachbarn gemeldet. Es gibt Fälle, in denen Eltern die Heimeinweisung ihrer eigenen Kinder verlangten»

Ja: Warum nicht?

Ein Punkt ist, dass es Gegenargumente gab: Man war bereit, Einbussen an Rechtsstaatlichkeit in Kauf zu nehmen, um sozialpolitische Ziele zu erreichen oder auch um Kosten zu sparen. Ein weiterer Punkt ist, dass die Kritik sehr disparat war. Es gab keine schweizweite Bewegung, in der sich die kritischen Stimmen sammeln konnten. Ein dritter Punkt ist, dass von all diesen Massnahmen nur ein kleiner Teil der Bevölkerung betroffen war. Es gab eine Bereitschaft, die Rechte dieser stigmatisierten Minderheit einzuschränken. Und ein vierter Punkt ist, dass sich das System der administrativen Versorgung als sehr anpassungsfähig erwiesen hat. So wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in gewissen Kantonen etwa die Verfahrensrechte gestärkt, was die Akzeptanz weiterhin gesichert hat.

In den bisherigen UEK-Bänden liest man, dass gerade der Föderalismus, das Milizsystem und die Kleinräumigkeit der Schweiz behördliche Willkür ermöglichten. Haben diese Dinge, auf die man in der Schweiz so stolz ist, das System der Administrativen Versorgung am Leben erhalten?

Das ist schwierig zu beurteilen. Auf der einen Seite ist klar, dass es eine Gesetzgebung und eine Anstaltslandschaft gab, die unglaublich zerstückelt war. Jeder Kanton hatte eigene Gesetze. Viele unterhielten eigene Anstalten und arbeiteten nur teils zusammen. Andererseits: Nur weil die Kantone unterschiedliche Gesetzgebungen hatten, folgt daraus nicht automatisch die Willkürlichkeit des Systems.

Unsere Frage zielte auch darauf ab, ob man die Administrative Versorgung als «Schandfleck» in einer ansonsten gloriosen Geschichte der Schweiz sehen kann. Oder ob sie nicht eher eng verbunden ist mit Kernaspekten des Schweizer Staatswesens.

Die Geschichte der Schweiz bildet keine Einheit. Zu gewissen Zeitpunkten haben verschiedene Teile der Bevölkerung sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht – je nach sozialer Herkunft, Geschlecht, Lebenssituation. Die Herausforderung der Forschung ist es, aus all diesen Aspekten ein Gesamtbild zusammenzufügen, das keine falsche Einheit suggeriert. Denn die Geschichte der Schweiz ist auch eine Geschichte von grosser sozialer Ungleichheit und fehlender Anerkennung für bestimmte gesellschaftliche Gruppen.

«Es gab in der Schweiz die Bereitschaft, die Rechte einer stigmatisierten Minderheit einzuschränken»

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Urs Germann im Gespräch mit dem etü in den Berner UEK-Büros (Fotos: Giorgio Scherrer).

Und das System der administrativen Versorgung ist Ausdruck dieser sozialen Ungleichheit?

Die administrative Versorgung ist eine hausgemachte Ausprägung des gesellschaftlichen Umgangs mit sozialer Ungleichheit. Und sie ist durch viele Faktoren geprägt, die sehr spezifisch schweizerisch sind: Föderalismus, das Milizsystem, Skepsis gegenüber der Kontrolle durch die Justiz. Es gab andere Staaten, die ähnliche Systeme kannten. Vor allem nach dem 2. Weltkrieg wurden die Defizite der Schweiz aber auch im internationalen Vergleich deutlich.

Skepsis gegenüber Rechtsstaatlichkeit ist etwas typisch Schweizerisches?

Es ist sicher charakteristisch, dass es auf politischer Ebene Vorbehalte gab gegenüber einer ausgebauten gerichtlichen Kontrolle von Verwaltung und Exekutive. In anderen Staaten – Norwegen, Frankreich, Deutschland – wurde in ähnlichen Fällen die gerichtliche Kontrolle viel früher verankert. In der Schweiz beliess man bis in die 1980er-Jahre die Kompetenz zur Überprüfung ihrer Tätigkeiten bei der Verwaltung selbst. Und das führte zu einem rechtsstaatlichen Defizit im Sinne von zu wenig unabhängigen Verfahren.

Woher kommt das? Warum waren die Rechte Einzelner gegenüber der Verwaltung hierzulande so lange so wenig ausgebildet?

Der Schweizer Bundesstaat hatte von Anfang an eine stark republikanische Komponente. Das heisst, dass die Politik immer an eine bestimmte Gemeinschaft von gleichgestellten Personen (in der Regel Männern) geknüpft war – was wiederum einen gewissen Normenkonsens voraussetzte, der dann auch verteidigt werden musste. In Staaten, die stärker obrigkeitlich strukturiert waren, ist die Konzeption der individuellen Rechte als Abwehrrechte gegenüber dem Staat hingegen wohl stärker ausgeprägt.

Der Zusammenhalt der Gemeinschaft steht in der Schweiz also historisch über dem Wohl des Einzelnen?

Ich würde eher von einer Komplementarität sprechen. Stichwort: Einer für alle, alle für einen. Vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts überwog die imaginierte Gemeinschaft. Wer nicht dazu gehörte, hatte weniger Rechte.

«Die Behörden und Gemeinden haben gezielt günstige Einrichtungen gesucht – statt solche, die den Bedürfnissen der Betroffenen entsprachen»

Dieser Mangel an Rechtsstaatlichkeit: Ist er auch der Grund dafür, dass die Aufarbeitung von offizieller Seite erst spät stattfand, obwohl es immer wieder kritische Stimmen gab?

Es ist tatsächlich erstaunlich. In den 1960er- und 1970er-Jahren wurde dank internationalen Trends – etwa der Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) – klar: Es braucht einen besseren Rechtsschutz. Und es gab eine gewisse Bereitschaft, Reformen einzuleiten. Aber: Es gab kein erkennbares Unrechtsbewusstsein gegenüber den Betroffenen. Das fehlte vollständig. Den Reformbedarf sah man, dieser war aber nicht gekoppelt mit einem Unrechts- oder Opferdiskurs.

Wie kam es dazu, dass ein solcher mit der Einsetzung der UEK 2014 doch noch aufkam?

Die Betroffenen haben sicher eine zentrale Rolle gespielt. Doch es brauchte auch gewisse Rahmenbedingungen, damit diese Stimmen überhaupt gehört wurden. Die Erinnerungskultur, die im Zusammenhang mit dem Holocaust entstanden ist, war wichtig. Eine gewisse Entideologisierung der Schweizer Geschichte in den letzten 20 Jahren aber auch. Seit der Debatte über die Geschichte der Schweiz im Zweiten Weltkrieg in den 1990er-Jahren gibt es eine breite Aufarbeitungsbewegung: zuerst der Umgang mit jüdischen Flüchtlingen, dann das Hilfswerk Kinder der Landstrasse, die Fluchthelfer und Spanienkämpfer, die Diskussion um den Schweizer Handel mit dem Apartheidsregime in Südafrika, die Verdingkinder – und nun schliesslich die administrative Versorgung.

Im Forschungsdesign der UEK steht, das Ziel Ihrer Untersuchung sei «die Strukturen der behördlichen Interventionen offen zu legen und zu bewerten». Heisst bewerten in diesem Fall auch verurteilen?

Ich finde, dass die Forschung in erster Linie Antworten formulieren muss, die aufgrund des Quellenmaterials plausibel sind, und nicht die Aufgabe hat, zu bestätigen, was gerne gehört wird. Es ist aber auch klar, dass es im Kontext der UEK eine besondere Empathie für die Betroffenen braucht – und die Bereitschaft, sich mit ihren Erfahrungen und Anliegen auseinanderzusetzen. Es braucht ein Bewusstsein dafür, dass das Unrecht der Vergangenheit auch in der Gegenwart nachwirkt und dass die historische Aufarbeitung für die Betroffenen eine grosse politische und persönliche Bedeutung hat.

«Man war bereit, rechtsstaatliche Einbussen in Kauf zu nehmen, um sozialpolitische Ziele zu erreichen»

Sie sagen «Unrecht». Was meinen Sie genau damit?

Einerseits nehmen wir im Schlussbericht eine rechtshistorische Perspektive ein: Es gab Verstösse gegen das damalige Recht und auch die Willkür war damals bereits ein Thema. Wir zeigen auf, dass die Gesetzgebung der administrativen Versorgung ein hochproblematisches Konstrukt war. Sie war so konzipiert, dass grundlegende Rechte der Betroffenen umgangen werden konnten. Andererseits stellen wir darüber hinaus die Frage: Hat die damalige Gesetzgebung als Ganzes gegen elementare Rechtsgrundsätze verstossen – etwa das Prinzip der Gleichbehandlung?

Also doch eine moralische Dimension?

Ja – aber in Bezug auf elementare Grundsätze wie Fairness und Rechtsgleichheit, die damals bereits in irgendeiner Form bekannt und verankert waren.

Wenn über Aufarbeitung geredet wird, steht oft der Schweizer Staat im Zentrum, der Unschuldige administrativ versorgte. Auch zeitgenössische Darstellungen zeigen ihn als Bösewicht. Stimmt dieses Bild, dass der Staat der Hauptschuldige war?

Die starke Fokussierung auf die Verantwortung des Staates ist verständlich, aber aus historischer Sicht auch problematisch. Es ist klar, dass der Staat eine Verantwortung hatte – in Bezug auf die Gesetzgebung, staatliche Akteure und die Aufsicht. Aber es ist nötig, dass man die administrative Versorgung und andere Zwangsmassnahmen als gesamtgesellschaftliche Phänomene sieht. So spielten soziales Umfeld, Nachbarschaft und Familie im Vorfeld von Anstaltseinweisungen eine starke Rolle – teils auch eine ambivalente. Oft wurden Leute von Verwandten oder Nachbarn gemeldet. Es gibt Fälle, in denen Eltern die Heimeinweisung ihrer eigenen Kinder verlangten – zum Teil ohne zu wissen, was das konkret hiess. Das soziale Umfeld konnte aber neben der ausgrenzenden auch eine protektive Funktion einnehmen. Sozialer Rückhalt war sehr wichtig dafür, ob jemand in die Mühlen der «Administrativjustiz» geriet oder nicht. Es waren vor allem Leute von administrativen Versorgungen betroffen, die im Vorfeld bereits ausgegrenzt waren. Wobei die Anstaltsversorgung die Stigmatisierung noch verstärkt hat.

Es waren gemäss UEK viel mehr Leute von administrativer Versorgung betroffen als gedacht. Männer, Frauen, Junge, Alte. Was gab es bei diesen verschiedenen Gruppen von Betroffenen für Unterschiede in der Begründung und Art der Versorgung?

Zunächst ist es wichtig zu bedenken, dass es nicht die administrative Versorgung gab. Es gab unterschiedliche Arten von Gesetzen und unterschiedliche Gruppen von Betroffenen. Insgesamt unterschieden sich die Begründungen für Versorgungen aber stark nach Geschlecht und Alter. 80% der Betroffenen waren Männer. Doch nach 1945 entwickelte sich die administrative Versorgung mehr und mehr zu einem Instrument, um aufmüpfige Jugendliche zu disziplinieren – vor allem junge Frauen. Die Begründungen unterschieden sich je nach Geschlecht: Männern wurde Arbeitslosigkeit, fehlender Arbeitswille, Vernachlässigung der familiären Verpflichtungen oder Alkoholkonsum vorgeworfen. Bei Frauen waren es eher sexuelle Vergehen – etwa aussereheliche Beziehungen oder Prostitution. Manche dieser Begründungen wurden teils aber auch zur Rechtfertigung nachgeschoben, ohne dass sie etwas mit dem konkreten Fall zu tun hatten.

«Die Geschichte der Schweiz ist auch eine Geschichte von grosser sozialer Ungleichheit und fehlender Anerkennung für bestimmte gesellschaftliche Gruppen»

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Gab es neben moralischen auch ökonomische Gründe für Anstaltseinweisungen? Manche der Betroffenen wurden ja auch für unbezahlte Arbeiten eingesetzt.

Das hat sicher auch eine Rolle gespielt. Es ist klar, dass die administrative Versorgung für viele Behörden und Gemeinden ein bequemes und vergleichsweise günstiges Mittel war, um bestimmte Personen loszuwerden. Es ist auch klar, dass die Vollzugsanstalten von der Zwangsarbeit profitiert haben. Aber gesamtökonomisch und in langfristiger Perspektive ist es für mich eine offene Frage, wie stark Kostenüberlegungen wirklich ins Gewicht fielen. So gab es auch Kantone, die für die Defizite von Versorgungsanstalten aufkommen mussten. Sicher ist auf jeden Fall, dass im Einzelfall bei der Auswahl der Anstalten Kostenargumente eine grosse Rolle gespielt haben. Dass also die Behörden und Gemeinden gezielt günstige Einrichtungen gesucht haben – statt solche, die den Bedürfnissen der Betroffenen am besten entsprachen.

Das Mandat der UEK zieht eine Grenze im Jahr 1981, als das System der administrativen Versorgung durch eine Änderung im Zivilgesetzbuch offiziell beendet wurde. Danach wurde die Schweiz aber nicht plötzlich eine andere. Lebt das von Ihnen beschriebene System in anderer Form auch heute noch weiter?

Die Rahmenbedingungen haben sich 1981 in der Tat geändert, insbesondere der Rechtsschutz wurde ausgebaut. Es gibt aber auch eine gewisse Kontinuität. Deshalb sprechen wir im Schlussbericht nicht von einer Abschaffung der administrativen Versorgung, sondern von einer Auflösung, die mit einem Übergang in ein neues Rechtsinstrument einhergeht: dem Fürsorgerischen Freiheitsentzug (FFE), bei dem es nach wie vor Forschungsbedarf gibt. Man kann zwischen 1960 und 1990 von einer Übergangsphase ausgehen, während der der ausserstrafrechtliche Freiheitsentzug neu legitimiert und implementiert wurde. Es ist aber auch klar, dass es bis heute gewisse Kontinuitäten gibt. Gerade vor Kurzem wurde die Schweiz vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügt, weil sie nach wie vor unter dem Etikett der Fürsorge und allein aus Gründen der öffentlichen Sicherheit Menschen die Freiheit entzieht. Etwas Ähnliches sieht man im Bereich der Ausschaffungshaft, die noch immer offiziell als Administrativhaft bezeichnet wird. Auch im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung gibt es Diskussionen über neue Formen der Administrativhaft für sogenannte «Gefährder».

«Es gab lange kein erkennbares Unrechtsbewusstsein gegenüber den Betroffenen. Das fehlte vollständig»

Insofern kommt ihre Forschung zur rechten Zeit. Denken Sie, dass das Thema administrative Versorgung dank Ihrer Arbeit in naher Zukunft jedeR SchweizerIn bekannt sein wird?

Was mittelfristig sicher in die Schulbücher eingehen wird, ist die Erkenntnis, dass der Sozialstaat auch dunkle Seiten hat – und dass es auch in der Geschichte der Schweiz Aspekte gibt, die problematisch sind und die man diskutieren muss.

Jetzt haben wir vor allem über Ihre Forschung gesprochen. Was hat Sie als Mensch besonders berührt an Ihrer Arbeit?

Was mich am meisten betroffen gemacht hat, sind die Erfahrungen von physischer, psychischer und struktureller Gewalt, welche die Betroffenen gemacht haben – und dass auch diese Teil unserer Geschichte sind.

Also wie real das ist, was man sonst in den Akten liest.

Ja, genau. Und dass wir als Historiker und Staatsbürgerinnen diese Erfahrung der Gewalthaftigkeit nicht vergessen dürfen.

Zur Person

Urs Germann ist zurzeit freier Mitarbeiter am Institut für Medizingeschichte der Universität Bern. Daneben leitet er die Fachstelle Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen der Stadt Bern. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Geschichte der Psychiatrie im 19. und 20. Jahrhundert, die Geschichte der sozialen Sicherungssysteme, des Straf- und Massnahmenvollzugs sowie die Geschichte und Theorie von Behinderung. Er verfasste ab September 2017 zusammen mit Lorraine Odier die wissenschaftliche Synthese der Unabhängigen Expertenkommission (UEK) Administrative Versorgungen. Die Synthese ist Teil des Anfang September erschienenen Schlussberichts der Kommission zuhanden des Bundesrats. Alle zehn Bände der UEK Administrative Versorgungen finden sich online hier.