David Bowie trifft Brigitte Bardot – Aber wo bleibt Christoph Blocher?

(Quelle: Schweizerisches Nationalmuseum)

Das Kulturmagazin «du» ist ein Leuchtturm in der Schweizer Kulturpublizistik. Eine Ausstellung im Landesmuseum zeigt die Höhepunkte, Auseinandersetzungen und Brüche im redaktionellen Alltag dieses Magazins.

Vielen fällt zum «du» wohl zuerst der Skandal um die Ausgabe über Christoph Blochers Kunstsammlung kurz vor den Wahlen 2015 ein. Die Darstellung Blochers als Kunstmäzen ohne Stellungnahme zu seiner politischen Rolle kam nicht gut an. Lukas Bärfuss schrieb, das «du» liesse sich kaufen. Besucht man die Ausstellung zu diesem Magazin im Landesmuseum, stösst man aber nicht auf Blocher. Die Ausstellung portraitiert das «du» vom Gründungsjahr 1941 bis zum Verkauf durch den Tamedia-Verlag 2003. Dieser Schnitt hat Folgen: So wird
die Blocher-Kontroverse umschifft, aber auch das Wirken der «du»-Redaktion nach 2003 ausgeblendet.

Die Ausstellung selbst ist farbenfroh. An zwei Wänden sind Magazincovers aufgehängt, auf einem Tisch und in Boxen finden sich Ausgaben zum Durchblättern. Es gibt Hefte über den Balkankrieg der 1990er, Brasilien, afrikanische Kunst. Ein Heft wird von Brigitte Bardot mit weit ausgeschnittenem Dekolleté geziert, ein anderes von David Bowies Portrait. Unzählige Themen und Menschen, welche die Welt im 20. Jahrhundert geprägt haben, sind vertreten. Hier lässt sich kein Containerblick finden, der sich auf die Schweiz beschränkt. Das «du» kümmert sich lieber um die Vernetzungen von Kunst und Kultur mit dem Ausland.

Persönlichkeiten sind für das «du» auch abseits der Covers wichtig. Dies zeigt die Ausstellung durch biografische Texte die prägende Redaktionsleiter, Redaktorinnen und Redaktoren oder Fotografen beschreiben. Auch die Leitlinie der Ausstellung ist nach Personen gerichtet. Sie zeichnet die Abfolge der Redaktionsleitungen nach und würdigt so die Macherinnen und Macher des Magazins.

«Coffee Table Magazin» oder hautnah an Kriegen und Krisen?

Der Fokus auf Personelles zeigt, wie die Redaktionsleiter das «du» geprägt haben. Gründer Arnold Kübler fokussierte beispielsweise auf das Weltgeschehen. Im Begleitheft zur Ausstellung steht über das «du», das während des Zweiten Weltkriegs gegründet wurde: «Umso mehr hat sich sein ‹du› mit allen Mitteln jenem Europa zugewandt, das ringsumher in die Brüche ging, und wo aus den Trümmern das Neue erst langsam entstand». Das «du» hat sich umso mehr zum Ziel gesetzt, für die «Öffnung der Schweiz und die Möglichkeiten der Teil- und der
Anteilnahme gegenüber den Anderen» zu stehen. Dies blieb nicht immer so. Je nach Chefredaktion hatte das Magazin ein anderes Konzept. Das Begleitheft bezeichnet es in einer anderen Phase als «Coffee Table Book», das sich «der Welt der schönen Dinge» widmet – weit entfernt waren Kriege und Krisen. Später kehrte das «du» zurück zum Blick auf die grossen politischen und sozialen Umbrüche: 1991 erschien ein Heft zum Thema Flucht, 1993 eines zu den Balkankriegen.

Ausstellungsbesuch oder Archivarbeit?

Diese Entwicklungen findet man meist nicht auf Informationstafeln in der Ausstellung, sondern nur im Begleitheft. Die Ausstellung gleicht daher einem Archiv: Man kann selbst durch Hefte blättern, Magazincovers ansehen und das Begleitheft lesen, doch verknüpfen muss man diese Dinge oft in Eigenarbeit. Personelle Wechsel zum roten Faden der Ausstellung zu machen ist sinnvoll, dies hätte aber konsequenter durchgezogen werden können. Kontroverse Hefte und inhaltliche Brüche lassen sich oft auf Entscheidungen von Redaktionsmitgliedern
zurückführen. Statt nur im Begleitheft hätten solche Informationen zu den verantwortlichen Personen mit den betreffenden Heften und erklärenden Texten gruppiert werden können. Einordnende Texte hätten dem Ganzen einen Rahmen gegeben.

Dennoch, das Landesmuseum schafft eine Würdigung für ein herausragendes Schweizer Magazin. Ausstellungsstücke wie Coverentwürfe, Leserbriefe und Notizen zeugen von den Auseinandersetzungen und Ideenfeuerwerken der Redaktion des «du». Etwa belegt ein Leserbrief, wie umstritten eine Ausgabe zu Paul Klee war: Der Schreiber empörte sich, dass Klees Schaffen gar keine Kunst sei und das «du» so etwas den Lesern doch nicht zumuten könne. So wird greifbar gemacht, wie der redaktionelle Alltag des «du» aussah und unter welchen Umständen diese einzigartige Zeitschrift entstanden ist.


Ausstellung:

«du – seit 1941»
16.12.2016-17.04.2017
Landesmuseum Zürich
Erwachsene zahlen CHF 10.– (ermässigt: CHF: 8.–)